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Aschenputtel
Aschenputtel
Bild: Alexander Zinck | Märchen für Kinder mit 50 farbigen Bildern von Alexander Zinck, 1905
 
Von Aschenputtel gibt es viele verschiedene Versionen, die bis ins Jahr 1634 zurückgehen. In mündlichen Überlieferungen wurde das Märchen verändert und weiterentwickelt. Wir haben uns auf dieser Seite für den bekannte Text von den Gebrüder Grimm entschieden.

Wie Aschenputtel nach Polle kam
Der Flecken Polle ist schon seit Gründung Mitglied der Deutschen Märchenstraße, hatte sich aber - aus welchen Gründen auch immer - nie um die Zuordnung einer Märchenfigur beworben.
Nachdem die Laienspielgruppe 1994 mit großem Erfolg als erstes Märchen „Aschenputtel“ aufgeführt hatte, kam der Gedanke, der historischen Symbolfigur des Ortes, dem Grafen Everstein, eine märchenhafte zur Seite zu stellen und auf die Initiative von Dietrich Müller bewarb sich der Flecken um die Zuordnung eines Märchens bei der Arbeitsgemeinschaft „Deutsche Märchenstraße“.
Auf dem Burgfest 1995 wurde dem Flecken Polle von der Arbeitsgemeinschaft „Deutsche Märchenstraße“ das Märchen „Aschenputtel“ zugeteilt und die entsprechende Urkunde verliehen. Die Laienspielgruppe erklärte sich bereit, dieses Märchen in jedem Jahr in einer gekürzten Fassung auf der Oberburg regelmäßig aufzuführen. Somit wird seit 1996 an jedem dritten Sonntag in den Monaten Mai bis September um 14.15 Uhr das Aschenputtelspiel aufgeführt und ist zu einem festen Bestandteil im Fremdenverkehrsangebot an der Oberweser geworden.
Diese Bearbeitung ist eine Kurzfassung des Märchens und dauert ca. 30 Minuten. Dabei wechseln sich Spielszenen und Erzählung ab. Die Märchenoma liest einige Passagen des Märchens vor und diese und andere Szenen werden gespielt. Neben Aschenputtel, den Stiefschwestern, Stiefmutter, Vater, Hofmeister und Fee gehören auch Tauben zu den Mitwirkenden. Diese Tauben werden von den jüngsten Mitgliedern der Laienspielgruppe dargestellt. Der Eintritt ist frei, wie bei dem „Münchhausenspiel“ und dem „Münchhausen-Musical“ in Bodenwerder und dem „Rattenfängerspiel“ und dem Musical „Rats“ in Hameln.  
Mittlerweile ist Aschenputtel zu einem absoluten Magneten für den Flecken Polle geworden. Nicht nur zahlreiche Fernsehteams und Journalisten der schreibenden Zunft aus dem In- und Ausland kommen nach Polle, um Aschenputtel zu besuchen. Mittlerweile dürften mehr als 15.000 Zuschauer das Aschenputtelspiel gesehen haben. Zusätzlich ist Aschenputtel neben dem Rattenfänger von Hameln, dem Baron Münchhausen und dem Dr. Eisenbarth der Werbeträger für das märchenhafte Weserbergland und die Deutsche Märchenstraße schlechthin mit Auftritten bei zahlreichen Tourismus-Messen, auch in Shanghai (zum 2. Mal). Dort wurde sogar ein Aschenputtel-Denkmal aufgestellt. Seit 2009 gibt es im Haus des Gastes ein „Aschenputtel-Zimmer“, das in den aufführungsfreien Zeiten weitere Besucher anzieht, und am 26. Mai 2013 wurde der Aschenputtelweg rund um die Burg eingeweiht. Die Illustrationen der Märchentafeln am Weg entstammen dem im Reclam Verlag erschienenen und von dem Kasseler Künstler Markus Lefrancois mit Poller Motiven (Burg- und Ritterhofmodell, Kirche u. a.) reich bebilderten Aschenputtelbuch und wurden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
(Text: Laienspielgruppe Polle e.V.)
Aschenputtel
Einem reichen Manne, dem wurde seine Frau krank, und als sie  fühlte, daß ihr Ende herankam, rief sie ihr einziges Töchterlein zu sich  ans Bett und sprach: "Liebes Kind, bleibe fromm und gut, so wird dir  der liebe Gott immer beistehen, und ich will vom Himmel auf dich  herabblicken, und will um dich sein." Darauf tat sie die Augen zu und  verschied. Das Mädchen ging jeden Tag hinaus zu dem Grabe der Mutter und  weinte, und blieb fromm und gut. Als der Winter kam, deckte der Schnee  ein weißes Tüchlein auf das Grab, und als die Sonne im Frühjahr es  wieder herabgezogen hatte, nahm sich der Mann eine andere Frau.

Die  Frau hatte zwei Töchter mit ins Haus gebracht, die schön und weiß von  Angesicht waren, aber garstig und schwarz von Herzen. Da ging eine  schlimme Zeit für das arme Stiefkind an. "Soll die dumme Gans bei uns in  der Stube sitzen!" sprachen sie, "wer Brot essen will, muß es  verdienen. Hinaus mit der Küchenmagd." Sie nahmen ihm seine schönen  Kleider weg, zogen ihm einen grauen alten Kittel an und gaben ihm  hölzerne Schuhe. "Seht einmal die stolze Prinzessin, wie sie geputzt  ist!" riefen sie, lachten und führten es in die Küche. Da mußte es von  Morgen bis Abend schwere Arbeit tun, früh vor Tag aufstehn, Wasser  tragen, Feuer anmachen, kochen und waschen. Obendrein taten ihm die  Schwestern alles ersinnliche Herzeleid an, verspotteten es und  schütteten ihm die Erbsen und Linsen in die Asche, so daß es sitzen und  sie wieder auslesen mußte. Abends, wenn es sich müde gearbeitet hatte,  kam es in kein Bett, sondern mußte sich neben den Herd in die Asche  legen. Und weil es darum immer staubig und schmutzig aussah, nannten sie  es Aschenputtel.

Es trug sich zu, daß der Vater einmal in die  Messe ziehen wollte, da fragte er die beiden Stieftöchter, was er ihnen  mitbringen sollte. "Schöne Kleider", sagte die eine, "Perlen und  Edelsteine", die zweite. "Aber du, Aschenputtel", sprach er, "was willst  du haben?" "Vater, das erste Reis, das Euch auf Eurem Heimweg an den  Hut stößt, das brecht für mich ab. Er kaufte nun für die beiden  Stiefschwestern schöne Kleider, Perlen und Edelsteine, und auf dem  Rückweg, als er durch einen grünen Busch ritt, streifte ihn ein  Haselreis und stieß ihm den Hut ab. Da brach er das Reis ab und nahm es  mit. Als er nach Haus kam, gab er den Stieftöchtern, was sie sich  gewünscht hatten, und dem Aschenputtel gab er das Reis von dem  Haselbusch. Aschenputtel dankte ihm, ging zu seiner Mutter Grab und  pflanzte das Reis darauf, und weinte so sehr, daß die Tränen darauf  niederfielen und es begossen. Es wuchs aber, und ward ein schöner Baum.  Aschenputtel ging alle Tage dreimal darunter, weinte und betete, und  allemal kam ein weißes Vöglein auf den Baum, und wenn es einen Wunsch  aussprach, so warf ihm das Vöglein herab, was es sich gewünscht hatte.

Es  begab sich aber, daß der König ein Fest anstellte, das drei Tage dauern  sollte, und wozu alle schönen Jungfrauen im Lande eingeladen wurden,  damit sich sein Sohn eine Braut aussuchen möchte. Die zwei  Stiefschwestern, als sie hörten, daß sie auch dabei erscheinen sollten,  waren guter Dinge, riefen Aschenputtel und sprachen: "Kämm uns die  Haare, bürste uns die Schuhe und mache uns die Schnallen fest, wir gehen  zur Hochzeit auf des Königs Schloß." Aschenputtel gehorchte, weinte  aber, weil es auch gern zum Tanz mitgegangen wäre, und bat die  Stiefmutter, sie möchte es ihm erlauben. "Du Aschenputtel", sprach sie,  "bist voll Staub und Schmutz und willst zur Hochzeit? Du hast keine  Kleider und Schuhe und willst tanzen!" Als es aber mit Bitten anhielt,  sprach sie endlich: "Da habe ich dir eine Schüssel Linsen in die Asche  geschüttet, wenn du die Linsen in zwei Stunden wieder ausgelesen hast,  so sollst du mitgehen." Das Mädchen ging durch die Hintertür nach dem  Garten und rief: »Ihr zahmen Täubchen, ihr Turteltäubchen, all ihr  Vöglein unter dem Himmel, kommt und helft mir lesen, die guten ins  Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen."

Da kamen zum  Küchenfenster zwei weiße Täubchen herein, und danach die Turteltäubchen,  und endlich schwirrten und schwärmten alle Vöglein unter dem Himmel  herein und ließen sich um die Asche nieder. Und die Täubchen nickten mit  den Köpfchen und fingen an pick, pick, pick, pick, und da fingen die  übrigen auch an pick, pick, pick, pick, und lasen alle guten Körnlein in  die Schüssel. Kaum war eine Stunde herum, so waren sie schon fertig und  flogen alle wieder hinaus. Da brachte das Mädchen die Schüssel der  Stiefmutter, freute sich und glaubte, es dürfte nun mit auf die Hochzeit  gehen. Aber sie sprach: "Nein, Aschenputtel, du hast keine Kleider, und  kannst nicht tanzen, du wirst nur ausgelacht." Als es nun weinte,  sprach sie: "Wenn du mir zwei Schüsseln voll Linsen in einer Stunde aus  der Asche rein lesen kannst, so sollst du mitgehen", und dachte: "Das  kann es ja nimmermehr." Als sie die zwei Schüsseln Linsen in die Asche  geschüttet hatte, ging das Mädchen durch die Hintertür nach dem Garten  und rief: "Ihr zahmen Täubchen, ihr Turteltäubchen, all ihr Vöglein  unter dem Himmel, kommt und helft mir lesen, die guten ins Töpfchen, die  schlechten ins Kröpfchen."

Da kamen zum Küchenfenster zwei weiße  Täubchen herein und danach die Turteltäubchen, und endlich schwirrten  und schwärmten alle Vögel unter dem Himmel herein und ließen sich um die  Asche nieder. Und die Täubchen nickten mit ihren Köpfchen und fingen an  pick, pick, pick, pick, und da fingen die übrigen auch an pick, pick,  pick, pick, und lasen alle guten Körner in die Schüsseln. Und ehe eine  halbe Stunde herum war, waren sie schon fertig und flogen alle wieder  hinaus. Da trug das Mädchen die Schüsseln zu der Stiefmutter, freute  sich und glaubte, nun dürfte es mit auf die Hochzeit gehen. Aber sie  sprach: "Es hilft dir alles nichts, du kommst nicht mit, denn du hast  keine Kleider und kannst nicht tanzen; wir müßten uns deiner schämen."  Darauf kehrte sie ihm den Rücken zu und eilte mit ihren zwei stolzen  Töchtern fort. Als nun niemand mehr daheim war, ging Aschenputtel zu  seiner Mutter Grab unter den Haselbaum und rief:

"Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich."

Da  warf ihm der Vogel ein golden und silbern Kleid herunter und mit Seide  und Silber ausgestickte Pantoffeln. In aller Eile zog es das Kleid an  und ging zur Hochzeit. Seine Schwestern aber und die Stiefmutter kannten  es nicht und meinten, es müsse eine fremde Königstochter sein, so schön  sah es in dem goldenen Kleide aus. An Aschenputtel dachten sie gar  nicht und dachten, es säße daheim im Schmutz und suchte die Linsen aus  der Asche. Der Königssohn kam ihm entgegen, nahm es bei der Hand und  tanzte mit ihm. Er wollte auch sonst mit niemand tanzen, also daß er ihm  die Hand nicht losließ, und wenn ein anderer kam, es aufzufordern,  sprach er: "Das ist meine Tänzerin."

Es tanzte, bis es Abend war,  da wollte es nach Haus gehen. Der Königssohn aber sprach: "Ich gehe mit  und begleite dich", denn er wollte sehen, wem das schöne Mädchen  angehörte. Sie entwischte ihm aber und sprang in das Taubenhaus. Nun  wartete der Königssohn, bis der Vater kam, und sagte ihm, das fremde  Mädchen wär in das Taubenhaus gesprungen. Der Alte dachte: "Sollte es  Aschenputtel sein?" und sie mußten ihm Axt und Hacken bringen, damit er  das Taubenhaus entzweischlagen konnte, aber es war niemand darin. Und  als sie ins Haus kamen, lag Aschenputtel in seinen schmutzigen Kleidern  in der Asche, und ein trübes Ollämpchen brannte im Schornstein; denn  Aschenputtel war geschwind aus dem Taubenhaus hinten herabgesprungen und  war zu dem Haselbäumchen gelaufen. Da hatte es die schönen Kleider  abgezogen und aufs Grab gelegt, und der Vogel hatte sie wieder  weggenommen, und dann hatte es sich in seinem grauen Kittelchen in die  Küche zur Asche gesetzt. Am andern Tag, als das Fest von neuem anhub,  und die Eltern und Stiefschwestern wieder fort waren, ging Aschenputtel  zu dem Haselbaum und sprach:

"Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich."

Da  warf der Vogel ein noch viel stolzeres Kleid herab als am vorigen Tag.  Und als es mit diesem Kleide auf der Hochzeit erschien, erstaunte  jedermann über seine Schönheit. Der Königssohn aber hatte gewartet, bis  es kam, nahm es gleich bei der Hand und tanzte nur allein mit ihm. Wenn  die andern kamen und es aufforderten, sprach er: "Das ist meine  Tänzerin." Als es nun Abend war, wollte es fort, und der Königssohn ging  ihm nach und wollte sehen, in welches Haus es ging, aber es sprang ihm  fort und in den Garten hinter dem Haus. Darin stand ein schöner großer  Baum, an dem die herrlichsten Birnen hingen, es kletterte so behend wie  ein Eichhörnchen zwischen die Äste, und der Königssohn wußte nicht, wo  es hingekommen war. Er wartete aber, bis der Vater kam, und sprach zu  ihm: "Das fremde Mädchen ist mir entwischt, und ich glaube, es ist auf  den Birnbaum gesprungen." Der Vater dachte: "Sollte es Aschenputtel  sein?", ließ sich die Axt holen und hieb den Baum um, aber es war  niemand darauf. Und als sie in die Küche kamen, lag Aschenputtel da in  der Asche, wie sonst auch, denn es war auf der andern Seite vom Baum  herabgesprungen, hatte dem Vogel auf dem Haselbäumchen die schönen  Kleider wiedergebracht und sein graues Kittelchen angezogen.

Am  dritten Tag, als die Eltern und Schwestern fort waren, ging Aschenputtel  wieder zu seiner Mutter Grab und sprach zu dem Bäum.chen:

"Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich."

Nun  warf ihm der Vogel ein Kleid herab, das war so prächtig und glänzend,  wie es noch keins gehabt hatte, und die Pantoffeln waren ganz golden.  Als es in dem Kleid zu der Hochzeit kam, wußten sie alle nicht, was sie  vor Verwunderung sagen sollten. Der Königssohn tanzte ganz allein mit  ihm, und wenn es einer aufforderte, sprach er: "Das ist meine Tänzerin."

Als  es nun Abend war, wollte Aschenputtel fort, und der Königssohn wollte  es begleiten, aber es entsprang ihm so geschwind, daß er nicht folgen  konnte. Der Königssohn hatte aber eine List gebraucht, und hatte die  ganze Treppe mit Pech bestreichen lassen: Da war, als es hinabsprang,  der linke Pantoffel des Mädchens hängen geblieben. Der Königssohn hob  ihn auf, und er war klein und zierlich und ganz golden. Am nächsten  Morgen ging er damit zu dem Mann und sagte zu ihm: "Keine andere soll  meine Gemahlin werden als die, an deren Fuß dieser goldene Schuh paßt.  Da freuten sich die beiden Schwestern, denn sie hatten schöne Füße. Die  älteste ging mit dem Schuh in die Kammer und wollte ihn anprobieren, und  die Mutter stand dabei. Aber sie konnte mit der großen Zehe nicht  hineinkommen, und der Schuh war ihr zu klein, da reichte ihr die Mutter  ein Messer und sprach: "Hau die Zehe ab: Wann du Königin bist, so  brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen. Das Mädchen hieb die Zehe ab,  zwängte den Fuß in den Schuh, verbiß den Schmerz und ging heraus zum  Königssohn. Da nahm er sie als seine Braut aufs Pferd und ritt mit ihr  fort. Sie mußten aber an dem Grabe vorbei, da saßen die zwei Täubchen  auf dem Haselbäumchen und riefen:

"Rucke di guck, rucke di guck,
Blut ist im Schuck:
Der Schuck ist zu klein,
die rechte Braut sitzt noch daheim."

Da  blickte er auf ihren Fuß und sah, wie das Blut herausquoll. Er wendete  sein Pferd um, brachte die falsche Braut wieder nach Hause und sagte,  das wäre nicht die rechte, die andere Schwester solle den Schuh  anziehen. Da ging diese in die Kammer und kam mit den Zehen glücklich in  den Schuh, aber die Ferse war zu groß. Da reichte ihr die Mutter ein  Messer und sprach: "Hau ein Stück von der Ferse ab: Wann du Königin  bist, brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen." Das Mädchen hieb ein  Stück von der Ferse ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiß den Schmerz  und ging heraus zum Königssohn. Da nahm er sie als seine Braut aufs  Pferd und ritt mit ihr fort. Als sie an dem Haselbäumchen vorbeikamen,  saßen die zwei Täubchen darauf und riefen:

"Rucke di guck, rucke di guck,
Blut ist im Schuck:
Der Schuck ist zu klein,
die rechte Braut sitzt noch daheim."

Er  blickte nieder auf ihren Fuß und sah, wie das Blut aus dem Schuh quoll  und an den weißen Strümpfen ganz rot heraufgestiegen war. Da wendete er  sein Pferd und brachte die falsche Braut wieder nach Haus. Das ist auch  nicht die rechtes, sprach er, habt ihr keine andere Tochter?" "Nein",  sagte der Mann, "nur von meiner verstorbenen Frau ist noch ein kleines,  verbuttetes Aschenputtel da, das kann unmöglich die Braut sein." Der  Königssohn sprach, er sollte es heraufschicken, die Mutter aber  antwortete: "Ach nein, das ist viel zu schmutzig, das darf sich nicht  sehen lassen." Er wollte es aber durchaus haben, und Aschenputtel mußte  gerufen werden. Da wusch es sich erst Hände und Angesicht rein, ging  dann hin und neigte sich vor dem Königssohn, der ihm den goldenen Schuh  reichte. Dann setzte es sich auf einen Schemel, zog den Fuß aus dem  schweren Holzschuh und steckte ihn in den Pantoffel, der war wie  angegossen. Und als es sich in die Höhe richtete und der König ihm ins  Gesicht sah, so erkannte er das schöne Mädchen, das mit ihm getanzt  hatte, und rief: "Das ist die rechte Braut." Die Stiefmutter und die  beiden Schwestern erschraken und wurden bleich vor Ärger. Er aber nahm  Aschenputtel aufs Pferd und ritt mit ihm fort. Als sie an dem  Haselbäumchen vorbeikamen, riefen die zwei weißen Täubchen:

"Rucke di guck, rucke di guck,
kein Blut im Schuck:
Der Schuck ist nicht zu klein,
die rechte Braut, die führt er heim."

Und  als sie das gerufen hatten, kamen sie beide herabgeflogen und setzten  sich dem Aschenputtel auf die Schultern, eine rechts, die andere links,  und blieben da sitzen.

Als die Hochzeit mit dem Königssohn sollte  gehalten werden, kamen die falschen Schwestern, wollten sich  einschmeicheln und teil an seinem Glück nehmen. Als die Brautleute nun  zur Kirche gingen, war die älteste zur rechten, die jüngste zur linken  Seite: Da pickten die Tauben einer jeden das eine Auge aus. Hernach, als  sie herausgingen, war die älteste zur linken und die jüngste zur  rechten: Da pickten die Tauben einer jeden das andere Auge aus. Und  waren sie also für ihre Bosheit und Falschheit mit Blindheit auf ihr  Lebtag bestraft.

aus Jacob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen, 7. Auflage 1857
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